Bauliche Veränderungen an Haus und Grundstück
Inhalte aus AMT24 | Lebenslagen
Darf man bei Bauarbeiten das Grundstück des angrenzenden Eigentümers für seine Zwecke in Anspruch nehmen?
Gerade in dicht bebauten Lagen ergibt sich häufig folgender Interessenkonflikt: Ein Nachbar* möchte Instandsetzungsarbeiten an seinem Gebäude durchführen, das sich in der Nähe der Grundstücksgrenze befindet. Hierbei ist es teilweise unmöglich, die Arbeiten durchzuführen, ohne das benachbarte Grundstück in Anspruch zu nehmen.
Das Nachbarrechtsgesetz gibt daher dem Grundstückseigentümer in § 22 des Sächsischen Nachbarrechtsgesetzes das Recht, in gewissem Umfang auf dem Grundstück des Nachbarn Leitern oder Gerüste aufzustellen, um die erforderlichen Arbeiten an seinem Gebäude überhaupt vornehmen zu können. Zu dem gleichen Zweck ist es zulässig, Gegenstände über das Grundstück des Nachbarn zu transportieren und bei Bauarbeiten anfallenden Erdaushub dort kurzfristig zu lagern (sogenanntes Hammerschlags-, Leiter- und Schaufelschlagrecht).
Geplante Nutzung muss angezeigt werden
Voraussetzung hierfür ist allerdings immer, dass das Vorhaben anders nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten durchgeführt werden könnte und die Arbeiten dem Nachbarn insgesamt zumutbar sind. Auch darf man nicht ohne Vorankündigung mit den Arbeiten beginnen; vielmehr muss man die bevorstehende Inanspruchnahme des benachbarten Grundstückes dem Nachbarn einen Monat vorher anzeigen und ihm mitteilen, in welchem Umfang die Arbeiten vorgenommen werden. Verweigert der Nachbar seine Zustimmung, so muss der Grundstückseigentümer diese vor Gericht einklagen und darf nicht direkt mit der Bauausführung beginnen.
Recht auf Schadensersatz und Entschädigung
Bei einer solchen Nutzung des Grundstückes des Nachbarn kann es zu Beschädigungen (zum Beispiel an Blumen, Beeten und Rasenflächen) kommen; hierfür hat der Nachbar auch dann Schadensersatz zu leisten, wenn er den Schaden nicht selbst verursacht hat oder ein Schaden trotz größtmöglicher Sorgfalt entstanden ist.
Daneben stellt die Benutzung seines Grundstückes für den Eigentümer aber in den meisten Fällen auch eine große Belästigung dar. Zum Ausgleich für die hierdurch eingeschränkte Nutzungsmöglichkeit gewährt ihm das Gesetz daher eine angemessene Entschädigung. Können sich die Nachbarn über die Höhe dieser Entschädigung nicht einigen, muss hierüber ein Gericht entscheiden. Vielfach ist es aber vernünftiger, diese Entscheidung einem unabhängigen Dritten (zum Beispiel einem Friedensrichter) zu überlassen.
Was muss bei künstlichen Bodenerhöhungen, -vertiefungen und Aufschüttungen beachtet werden?
Legt der Eigentümer eines Grundstücks eine künstliche Bodenerhöhung an, so können sich hierdurch Gefährdungen des Nachbargrundstückes ergeben.
Beispiel: Der Eigentümer baut auf seinem Grundstück, das bislang eine einheitliche Höhe mit dem Nachbargrundstück aufwies, eine Terrasse, wodurch sich zu dem Nachbargrundstück ein Höhenunterschied von 1 m ergibt. Bei starken Regenfällen läuft nunmehr das Regenwasser von der Terrasse auf das Grundstück des Nachbarn und verursacht dort Abschwemmungen.
Abschwemmungen müssen verhindert werden
In einem solchen Fall kann der Nachbar verlangen, dass der Eigentümer eine geeignete Vorkehrung trifft, die derartige Abschwemmungen ausschließt. Dies kann zum Beispiel eine Drainage, ein Fallrohr, aber auch eine Bepflanzung sein. Wird das Nachbargrundstück durch die Bodenerhöhung insgesamt instabil, können auch Stützmauern, Pfähle und Ähnliches in Betracht kommen.
Ebenso wie von einer Bodenerhöhung kann von einer Bodenvertiefung eine Gefährdung für das Nachbargrundstück ausgehen. Beispielsweise kann durch Ausheben einer Baugrube von dem Nachbargrundstück Erdreich abgeschwemmt werden. Eine solche Bodenvertiefung ist nach § 909 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ebenfalls verboten, wenn der Eigentümer nicht für eine ausreichende Befestigung sorgt.
Baurecht und Grenzabstände beachten
Zu beachten ist, dass für die Herstellung von Bodenerhöhungen und -vertiefungen häufig eine baurechtliche Genehmigung erforderlich ist.
Von der Bodenerhöhung ist die Aufschichtung von Gegenständen (zum Beispiel von Holz, Steinen, Stroh, Heu oder Kompost) zu unterscheiden. Hier hat der Eigentümer dafür zu sorgen, dass die erforderlichen Grenzabstände eingehalten werden, um Geruchsbelästigungen oder störende Schattenwirkung auszuschließen. Die genauen Grenzabstände sind in § 16 des Sächsischen Nachbarrechtsgesetzes geregelt.
Wann hat der Eigentümer eines Grundstücks die Anbringung und Wartung von Schornsteinen, Lüftungsschächten und Antennenanlagen durch den Nachbarn auf seinem Grundstück zu dulden?
In den Fällen, in denen zwei Gebäude unmittelbar aneinander grenzen, die eine unterschiedliche Höhe aufweisen, werden die Schornsteine, Lüftungsschächte und Antennenanlagen auf dem niedrigeren Gebäude in ihrer Wirksamkeit beeinträchtigt. So kann zum Beispiel der Rundfunk- und Fernsehempfang durch "Funkschatten" stark gestört sein oder ein auf dem Dach stehender Schornstein hat infolge der Bebauung auf dem Nachbargrundstück keinen genügenden Abzug mehr.
Anbringung und Wartung am Nachbargebäude möglich
Aus diesem Grund bietet das Sächsische Nachbarrechtsgesetz in § 24 dem Nachbarn die Möglichkeit, Schornsteine, Lüftungsschächte und Antennenanlagen an der Außenwand des höheren Gebäudes zu befestigen, wenn dies für deren Betriebsfähigkeit erforderlich ist. Voraussetzung ist allerdings wiederum, dass der Eigentümer nicht unverhältnismäßig beeinträchtigt wird. Unter dieser Voraussetzung dürfen auch notwendige Wartungsarbeiten vom Grundstück des Eigentümers des höheren Gebäudes aus durchgeführt werden.
Auch hier muss der benachbarte Grundstückseigentümer wieder vor Beginn der Arbeiten schriftlich benachrichtigt werden. Bei Errichtung der Anlagen muss dies zwei Monate im Voraus erfolgen, bei der Wartung genügt ein Monat. Wird die Zustimmung verweigert, bleibt auch hier nur der Weg zum Gericht.
Recht auf Schadensersatz und Entschädigung
Wie schon beim Hammerschlags-, Leiter- und Schaufelschlagrecht ist der betroffene Grundstückseigentümer durch eine angemessene Geldrente zu entschädigen. Entsteht dem Eigentümer durch die Arbeiten des Nachbarn ein Schaden an seinem Gebäude oder an der Dachantenne, so hat er einen Anspruch auf Schadensersatz, ohne dass es auf ein Verschulden des Nachbarn ankommt.
Der Eigentümer kann dem Nachbarn auch die Mitbenutzung einer eigenen geeigneten Anlage gestatten. Bietet er dem Nachbarn beispielsweise an, sich an einer Gemeinschaftsantenne mit anzuschließen, so hat dieser nicht mehr das Recht, auf dem Grundstück des Eigentümers eine eigene Antenne hochzuführen.
*) Um verständlich zu bleiben, beschränken wir uns auf die verallgemeinernden Personenbezeichnungen, sie beziehen sich immer auf jedes Geschlecht – die Redaktion
Freigabevermerk
Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung. 04.09.2023