Insolvenzverfahren, Inhalt und Ziel
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Schuldner und Gläubiger
Solange Geschäfts- oder Privatkunden Leistungen, Waren oder andere Güter nicht bezahlt haben, sind sie vor dem Gesetz Schuldner* – sie schulden Dienstleistern, Lieferanten, Herstellern Geld. Ihnen stehen die Gläubiger gegenüber, also Personen oder Unternehmen, denen noch Geld, Waren oder Dienstleistungen zustehen.
Können Schuldner offene Rechnungen in absehbarer Zeit nicht begleichen, sagt man auch, sie sind nicht solvent (von lat.: solvere = "lösen" oder "Schuld zahlen"), das bedeutet, sie sind zahlungsunfähig.
*) Um verständlich zu bleiben, beschränken wir uns auf die verallgemeinernden Personenbezeichnungen, sie beziehen sich immer auf jedes Geschlecht – die Redaktion
Gerechter Ausgleich
Würden sich die stärksten und schnellsten Gläubiger bei einem säumigen Schuldner auf eigene Faust Recht verschaffen, gingen die übrigen leer aus. Dem baut der Gesetzgeber vor, indem er Regeln aufstellt und deren Einhaltung überwacht. Diese Regeln sind in der Insolvenzordnung (InsO) und anderen Gesetzen niedergelegt.
Die Insolvenzordnung versucht, einen gerechten Ausgleich der Interessen zu schaffen. So bestimmt bereits die Eingangsnorm der Insolvenzordnung, dass das Insolvenzverfahren dazu diene
- die Gläubiger eines Schuldners gemeinschaftlich zu befriedigen, indem das Vermögen des Schuldners verwertet und der Erlös verteilt oder in einem Insolvenzplan eine abweichende Regelung insbesondere zum Erhalt des Unternehmens getroffen werde,
- dem redlichen Schuldner Gelegenheit zu geben, sich von seinen restlichen Verbindlichkeiten zu befreien.
Das Verfahren (in anderen Staaten auch "Konkursverfahren") sichert demnach Vermögenswerte vor willkürlichem Zugriff, sorgt für einen weitgehend gerechten Ausgleich unter den Gläubigern und berücksichtigt auch die Interessen des Schuldners.Gläubiger und Schuldner haben das Recht, ein Insolvenzverfahren zu beantragen; bei zahlungsunfähigen und verschuldeten Unternehmen besteht oftmals sogar die Pflicht dazu.
Forderungen der Gläubiger an erster Stelle
Ziel des gerichtlichen Insolvenzverfahrens ist es, die finanziellen Forderungen der Gläubiger zu begleichen. Das bedeutet aber keinesfalls, dass damit das betroffene Unternehmen zwangsläufig zerschlagen oder eine private Existenz zerstört werden muss.
Im Gegenteil, gerade das Insolvenzverfahren vermag möglicherweise den Rahmen zu bilden, innerhalb dessen der Betrieb seine Ertrags- und Leistungskraft zurückerhält. Die Ansprüche der Gläubiger lassen sich so oftmals auf lange Sicht in viel größerem Umfang befriedigen.
Sanierung als erstrebenswertes Ziel
Welche Möglichkeiten bietet das Insolvenzverfahren?
- Sanierung (Wiederherstellung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit)
- Liquidation (Schließung und Verwertung der Insolvenzmasse)
- übertragende Sanierung (Verkauf / Übertragung auf Dritte)
- Insolvenzplan
Mit welchem Ergebnis das Insolvenzverfahren endet, darüber entscheiden die Gläubiger mit Unterstützung durch den eingesetzten Insolvenzverwalter.
Arten des Insolvenzverfahrens
Es gibt verschiedene Arten des Insolvenzverfahrens:
- das Regelinsolvenzverfahren
- das Verbraucherinsolvenzverfahren
- besondere Arten des Insolvenzverfahrens (Insolvenzverfahren über einen Nachlass, über das Gesamtgut einer fortgesetzten Gütergemeinschaft und andere)
Regel- und Verbraucherinsolvenz
Schwerpunkt der Rubrik "Unternehmenskrise, Insolvenz, Sanierung" ist der Ablauf des Regelinsolvenzverfahrens. Aspekte des Verbraucherinsolvenzverfahrens spielen insoweit eine Rolle, wie sie für Unternehmer wichtig sind: Dieses mehrstufige, vereinfachte Verfahren gilt für insolvente, nicht selbstständig tätige Privatpersonen unabhängig von der Anzahl ihrer Gläubiger, sowie ehemalige Selbstständige mit weniger als 20 Gläubigern und ohne Verbindlichkeiten aus Arbeitsverhältnissen.
Bei der Einordnung Regelinsolvenzverfahren / Verbraucherinsolvenzverfahren besteht kein Wahlrecht. Die Einordnung in die entsprechende Verfahrensart erfolgt zwingend von Amts wegen.
Schuldenerlass
Insolventen Schuldnern als Privatpersonen können nach einer "Wohlverhaltensphase" von drei Jahren nicht erfüllte Verbindlichkeiten erlassen werden (Restschuldbefreiung). Für persönlich haftende Unternehmer und Gesellschafter ist im Anschluss an die Regelinsolvenz ebenfalls ein Schuldenerlass möglich, nachdem sie eine Wohlverhaltensphase durchlaufen haben.
Ist die Restschuldbefreiung erteilt, "erlöschen" die Verbindlichkeiten zwar nicht im wörtlichen Sinne, jedoch können Gläubiger sie dann nicht mehr zwangsweise durchsetzen oder insoweit die Aufrechnung erklären.
Freigabevermerk
Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung. 30.10.2023